von Roberto Kort

Brief an Minister Altmaier zum Windkraftgipfel

Sehr geehrter Herr Minister Altmaier, 

sehr geehrter Herr Staatssekretär Bareiß, 

sehr geehrter Herr Dr. Nüßlein, 

 

der Presse der letzten Wochen war zu entnehmen, dass Sie ein Krisentreffen zum Windkraftausbau mit allen Akteuren planen. 

Hierbei sei auch die Einbeziehung von Bürgerinitiativen angedacht.

Diese Herangehensweise begrüßen wir ausdrücklich.

Das Aktionsbündnis Freier Horizont, ein Dachverband von über 50 Bürgerinitiativen des Landes Mecklenburg-Vorpommern und Mitglied der bundesweiten Vereinigung „ Vernunftkraft"  hat von Beginn an klar zu verstehen gegeben, dass unsere Kritik am außer Kontrolle geratenen Windkraftausbau nicht aus lokalen Einzelinteressen, sondern aus einem gesamtgesellschaftlichen Anliegen motiviert ist.

Mit unserem bereits vor einem Jahr vorgestellten Clustermodell* haben wir uns konstruktiv in die Diskussion eingebracht und klargestellt, dass wir mitnichten die „Windkraftgegner" sind, als die wir gerne hingestellt werden.

Leider wurden unsere bisherigen Bemühungen, mit den Regierungsverantwortlichen in unserem Land in den Dialog zu treten, bislang weitestgehend übergangen.

Daraus resultierend hat unsere Landesregierung (und wohl auch die des Bundes) bis heute ganz offensichtlich nicht verstanden, warum die Akzeptanz für diese praktizierte „Energiewende" sich im stetigen Sinkflug befindet - vor allem dort, wo sie stattfinden soll: Im Ländlichen Raum. Dort erlebt man jeden Tag die Belastungen und bis auf wenige Grundbesitzer profitiert niemand davon. 

Die bisherigen unbeholfenen Versuche, über bescheidene monetäre Anreize, irreführend „Bürgerbeteiligung" genannt, Akzeptanz zu erkaufen, verpufften ergebnislos. Allenfalls haben sie regional für noch mehr Spaltung von kommunalen Gemeinschaften geführt.  

 

Uns Bürgern geht es um ganz andere Belange: 

Das Hauptproblem ist die Entrechtung. Diese Ohnmacht von Bürger und Kommunen, überhaupt mitreden zu können, wenn da über ihre Köpfe hinweg gigantische Umstrukturierungen in ihrem direkten Umfeld vorgenommen werden. Selbst die bereits als Zumutung empfundene „Raumordnungsplanung" wird immer wieder unterlaufen (z.B: „Zielabweichungsverfahren) oder sogar gerichtlich ausgehebelt.

Der Windkraftausbau in seiner gegenwärtigen Durchführung gefährdet fundamental die Demokratie. 

Immer mehr Bürger fühlen sich durch viel zu nahe Windkraftanlagen gesundheitlich beeinträchtigt und durch den Wertverlust ihrer Häuser faktisch enteignet. Von Ämtern und Behörden fühlen sie sich im Stich gelassen.

Desweiteren erleben die Bürger vor Ort oft genug gewaltigen Zerstörung von Natur- und Landschaftsräumen z.T. unter aktiver oder passiver Schützenhilfe der zuständigen Behörden. Immer wieder müssen Bürger deren Arbeit übernehmen, wie z.B. die Kartierung von Brutvorkommen geschützter Arten. 

Im Gegenzug sehen wir – an Flaute Tagen ohnehin - aber auch an windstarken Tagen massenweise stehende Anlagen, die uns nahezu täglich vor Augen führen, dass diese Art der Stromerzeugung in keinster Weise einen Beitrag zu einer sicheren Energieversorgung leisten kann, im Gegenzug aber für die höchsten Strompreise bundesweit sorgt. Niemand versteht, warum ständig neue Anlagen gebaut werden sollen, der Strom aber überhaupt nicht gespeichert werden kann. Seit Jahren wird davon geredet, getan hat sich nichts. Dass an windreichen Tagen Strom z.T. kostenpflichtig im Ausland „verklappt" wird, wir bei Flaute jedoch mit Atom- bzw. Kohlestromimporten "über Wasser" gehalten werden müssen, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Auch dass unsere Nachbarn (zum Glück für unsere Versorgungssicherheit?!) ganz andere Pläne zu ihrer Energieversorgung haben, wie z.B. den Bau von Atomkraftwerken auf der anderen Seite der Oder.

Auch dem vielgepriesenen milliardenschweren Stromtrassenausbau begegnet man hierzulande verständnislos. Gibt es denn überhaupt keine Ideen, den Strom vor Ort zu nutzen und hier Industrie-Arbeitsplätze zu generieren? Wir nennen das „Windstrom-Export-Kolonialismus". 

Uns geht es z.B. um landesprägende Wirtschaftszweige wie Tourismus oder Gesundheitswirtschaft oder den Demographischen Wandel. Der ländliche Raum ist nach jahrzehntelanger Vernachlässigung in jüngster Zeit wieder von der Politik in den Fokus gestellt worden. Wir vom Freien Horizont bekennen uns eindeutig zur Existenzberechtigung und Entwicklung der Dörfer und Kleinstädte.

Wir sehen durch die gegenwärtige Praxis des Windkraftausbaus die Landesentwicklung existenziell gefährdet. Das Maß des Erträglichen ist längst überschritten.

Doch wir kritisieren nicht nur, sondern haben Gegenvorschläge entwickelt: 

Vor bereits einem Jahr haben wir unser Clustermodell (im Anhang) der Öffentlichkeit vorgestellt. Von der Landesregierung MV gab es wieder mal keinerlei Reaktion. Wir bringen diesen Vorschlag nun ein weiteres Mal in diesem Rahmen ein. Wohlgemerkt: Es ist ein Vorschlag, erarbeitet von Lokalpolitikern und betroffenen Bürger, der es allemal wert sein sollte, wenigstens mal diskutiert zu werden. Er könnte möglicherweise einen Weg aus der gegenwärtigen Sackgasse weisen.

Wir hoffen, Sie davon überzeugt zu haben, Vertreter der Bundesinitiative Vernunftkraft als auch Vertreter der Landesverbände, wie dem „Freien Horizont" an einem „Krisentreffen zur Windkraft" gleichrangig zu beteiligen. 

Nur so kann die vielbeschworene Akzeptanz zur Energiewende, speziell der Windkraft, erreicht werden.

Wir freuen uns auf eine Einladung und ein offenes und sachliches Gespräch. 

Zurück